Organisation [Foto von Alexander Grey auf Unsplash]

Effectuation trifft Organisation

Wie gut passt das Modell in etablierte Unternehmen?

Effectuation klingt erst mal wie ein Koffeinbooster für Unternehmer: Eigeninitiative, Risiko im Griff, mit dem arbeiten, was da ist. Funktioniert super in der Gründerszene. Aber was passiert, wenn man das Ganze in ein Unternehmen einpflanzen will, das schon seit 40 Jahren erfolgreich Maschinen herstellt oder Bücher druckt? Dieser Beitrag schaut genauer hin: Wo passt Effectuation in klassische Organisationen – und wo eher nicht.

Organisation [Foto von Alexander Grey auf Unsplash]
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Passt es, wo es fixe Prozesse gibt, Organigramme, Budgets und – na klar – Meetings? Kurz gesagt: Es passt, aber nicht immer.

Effectuation ist kein Allheilmittel. Es ersetzt nicht das Denken in Prozessen, Standards oder Planung, wo Planung Sinn ergibt. Aber es bringt frische Fragen mit, wo alte Antworten nicht mehr reichen:

  • Was können wir mit dem machen, was wir jetzt haben – statt was bräuchten wir im Idealfall?
  • Wer wäre bereit, mitzumachen – statt wer sollte?
  • Was wäre ein leistbarer Verlust – statt ein vermeintlich „sicherer“ ROI?

Das ist unbequem. Und genau deshalb wertvoll.

Effectuation passt nicht zu starren Zielvorgaben, Silodenken oder dem Reflex, alles erstmal durchzurechnen. Aber es passt gut in Ecken des Unternehmens, wo Neues entstehen soll – ohne gleich das große Rad zu drehen.

Fazit: Effectuation funktioniert in Organisationen dann, wenn man es nicht wie eine Methode auf’s Whiteboard pinnt, sondern wie eine Denkweise in bestimmten Bereichen zulässt. Nicht überall. Nicht immer. Aber dort, wo Spielraum ist. Und Mut.


Was heißt hier eigentlich „etabliertes Unternehmen“?

Bevor wir ins Thema eintauchen, kurz Klartext: Was genau ist so ein „etabliertes Unternehmen“? Nicht nur die Größe oder wie viel Geld reinkommt. Es sind Firmen, die sich über Jahre ein stabiles System aufgebaut haben. Mit festen Abläufen, Zuständigkeiten und einer guten Portion Sicherheit – egal ob Familienbetrieb oder Konzern-Tochter. Die sind organisiert, nicht chaotisch. Und genau das macht sie erfolgreich.

Planung gehört da einfach dazu. Budgets müssen stimmen, Liefertermine halten, Jahresziele erreicht werden. In der klassischen Denke heißt das: Wer gut plant, hat alles im Griff und schafft, was er will. Klingt erstmal ganz vernünftig.

Effectuation – das ist so ein Entscheidungsmodell, erfunden von Saras D. Sarasvathy – macht da eine Kehrtwende. Statt zu fragen: „Was will ich erreichen und wie?“, sagt es: „Was hab ich gerade? Was kann ich damit machen? Was passiert, wenn ich einfach loslege?“

Das passt super bei jungen Firmen, die noch nicht in Strukturen feststecken. Aber bei Unternehmen mit Betriebsrat, festen Systemen und strikten Budgets? Da wird’s knifflig.

Industrie [Image by s m anamul rezwan from Pixabay]
Industrie [Image by s m anamul rezwan from Pixabay]

ℹ️ Kurz erklärt: Was macht Effectuation aus?

  1. Klar sagen: „Wir probieren bewusst, wir lernen, wir scheitern auch mal.“
  2. Raum lassen – nicht nur physisch, sondern vor allem mental.
  3. Nicht auf Blödsinnszahlen wie „Ideen pro Monat“ starren, sondern auf echte Erkenntnisse.

Denkweise in etablierten Unternehmen vs. Effectuation

Wenn von Unternehmenskultur gesprochen wird, wird’s spannend. Dann heißt nicht nur „wer macht was“, sondern vor allem: Wie ticken wir eigentlich? Was ist normal, was erwartet man voneinander? Und genau da hakt es oft bei Effectuation.

Planung (er)schlägt Improvisation

In den meisten etablierten Unternehmen gilt: „Was wir machen, soll Hand und Fuß haben.“ Verständlich, denn da steht oft mehr auf dem Spiel als in einem Zwei-Mann-Start-up aus dem Coworking-Space. Projekte brauchen grünes Licht Monate im Voraus, Budgets wollen auf das gesamte Geschäftsjahr sauber verteilt sein, Zuständigkeiten klar. Wer dann sagt: „Hier bietet sich eine neue Chance, lass sie uns umsetzen und sehen, was wir daraus machen“, wird oft angeschaut, als hätte er vorgeschlagen, die IT-Abteilung durch Würfeln zu ersetzen.

Effectuation dagegen liebt das Gegenteil: Nicht erst planen, sondern erstmal machen und dann planen. Das macht vielen Managern Bauchweh. Nicht aus Angst, sondern weil sie wissen, dass sie sich rechtfertigen müssen, wenn’s schiefgeht. Wer improvisiert, steht dann schnell alleine da.

Gesicht, Kompass, Denkweisen [Image by Gerd Altmann from Pixabay]
Gesicht, Kompass, Denkweisen [Image by Gerd Altmann from Pixabay]

Risiko? Klar. Aber bitte abgesichert.

Das „affordable loss“-Prinzip – also nur so viel riskieren, wie man verschmerzen kann – ist eigentlich vernünftig. Trotzdem kollidiert es oft mit der üblichen Denkweise: „Wie holen wir maximalen Gewinn raus?“ Maximieren vs. Verluste begrenzen – das sind zwei Paar Schuhe. Für Entscheider, die Banken oder Aufsichtsräten Rechenschaft ablegen müssen, ist das ein riesiger Sprung.

Hierarchie vs. „Crazy Quilt“

Effectuation sagt: Such dir einfach die Leute, die mitmachen wollen, und leg los – ein bunter Flickenteppich aus Kooperationen entsteht. In der echten Welt großer Firmen heißt das oft: Abteilungsgrenzen, Zuständigkeiten, Freigaben, Ressourcenpläne. Einfach loskooperieren ohne Erlaubnis? Wer’s probiert, steht schnell auf der Querulanten-Liste – egal wie gut die Idee ist.

Und auch mental passt das oft nicht: „Wir machen das hier seit 20 Jahren so – warum plötzlich auf Zuruf mit externen Bastlern rumprobieren?“ Klingt hart, ist aber Realität.

„Effectuation ist wie Improvisationstheater – super, wenn alle mitmachen. Aber wehe, einer spielt 100% nach Drehbuch.“ (Autor unbekannt)

Fazit: Unternehmenskultur in etablierten Firmen steht auf Sicherheit, Kontrolle und Effizienz. Das ist nicht schlecht, sondern oft der Grund, warum sie bestehen. Aber genau deshalb ist Effectuation nicht einfach mal so einzuführen. Es braucht Zeit, Erklärungen und vor allem Geduld – sonst gibt’s schnell Widerstand.


Warum Effectuation in vielen Firmen gegen Wände läuft

Effectuation trifft in alten Hasen-Unternehmen oft auf dicke Mauern. Nicht nur kulturell, sondern ganz handfest in den Abläufen. Da, wo Start-ups bereits loslegen, braucht es hier erst mal das Formular W-37-B – mindestens, wenn nichts sogar A38.

Erst die Regeln, dann die Fragen und Ideen

In gewachsenen Firmen läuft nichts ohne Absicherung. Alles muss geplant, genehmigt und abgesichert sein – bevor überhaupt jemand zuhört.

Effectuation sagt: „Probier’s aus, aber im kleinen Rahmen. Und mach es dort profitabel.“

Das Unternehmen sagt: „Erst die Unterschrift, dann vielleicht die Umsetzung – irgendwann.“

Und wehe, es geht was schief – dann geht’s nicht um Lernen, sondern um Schuld.

Mauer, Wand, Blockade [Image by Peter H from Pixabay]
Mauer, Wand, Blockade [Image by Peter H from Pixabay]

Zusammenarbeit? Nur mit Erlaubnis

Effectuation lebt davon, dass Leute einfach gemeinsam loslegen – egal, aus welcher Abteilung.

Im Alltag: keine Chance.

  • Vertrieb spricht nicht mit Entwicklung.
  • IT kriegt nicht mit, was die Produktion macht.
  • „Oben“ im Vorstand landet alles weichgespült.

Wenn du jemanden brauchst, der nicht „zuständig“ ist, wird’s kompliziert. Und damit stirbt der Effectuation-Gedanke oft, bevor er überhaupt angefangen hat.

ℹ️ Typische Showstopper

Was bremstWirkung – Warum’s schwierig wird
AbteilungssilosJeder bleibt unter sich. Zusammenarbeit wird mühsam. Politische Spielchen sind an der Tagesordnung statt Co-Creation.
Feste BudgetsKein Platz für spontane Ideen.
GenehmigungspflichtAlles dauert ewig. Spontane Reaktionen auf neue Erkenntnisse werden ausgebremst.
ZeitdruckFürs Ausprobieren und exploratives Arbeiten bleibt keine Zeit übrig.
Nur KPIs im BlickRisiko = schlecht. Also wird es vermieden und lieber weiter analysiert anstatt gehandelt.

Das Innovationsparadox

Alle sagen: „Wir wollen innovativ sein.“

Also wird ein Innovationslabor gebaut. Bunte Möbel, schlaue Sprüche an der Wand.

Nur: Jede Idee muss trotzdem durch dieselben Schleifen wie alles andere. Business Case, ROI, Risiko-Check.

Und bis das durch ist, hat keiner mehr Lust. Nicht aus Faulheit – die Regeln passen einfach nicht zum, was man da eigentlich will.

Also für die Umsetzung zu stark eingeschränkt und zu isoliert.

Fazit

Die Strukturen sind nicht falsch. Sie sorgen für Stabilität. Aber sie sind nicht gemacht für schnelles Handeln im Ungewissen. Genau da wäre Effectuation stark – wenn man’s denn dürfte.

Wer das trotzdem will, braucht bewusste Schlupflöcher: kleine Versuche, einfache Regeln, kurze Wege. Und jemanden, der sagt: „Machen ist OK.“

Denn Effectuation heißt nicht: alles über Bord werfen. Es heißt: anfangen, bevor alles perfekt ist. Und das ist in vielen Firmen schon fast Revolution.


Was klappt trotzdem? Wege durch den Beton

Nach all den Hürden könnte man meinen: Effectuation und klassische Unternehmen – das passt wie Rasenmäher und Wohnzimmerteppich. Aber: Es gibt Wege. Man muss nicht gleich alles umkrempeln. Man kann auch einfach mal an ein paar Stellen anfangen.

🧪 Räume zum Machen – ohne Theater

Keine Bullshit-Labs mit Hipstermöbeln. Sondern echte Freiräume, in denen Leute was ausprobieren dürfen. Ohne Business Case, ohne zehn Unterschriften.

Das kann heißen:

  • Drei Monate Zeit für eine Idee und 5.000 Euro Spielgeld, das auch einfach mal verpuffen darf.
  • Oder: Für ein Projekt gelten andere Regeln. Punkt.

Aber: Solche Räume brauchen Schutz von oben. Wenn der Chef beim ersten Fehlschlag die Augenbraue hebt, war’s das.

Durchbruch, Ausblick, Effectuation [Image by Victoria from Pixabay]
Durchbruch, Ausblick, Effectuation [Image by Victoria from Pixabay]

🥣 Kleine Portionen, dafür heiß serviert

Effectuation ist nichts für den großen Masterplan. Aber perfekt für den Alltag.

Beispiele:

  • Vertrieb fragt: Wen kennen wir schon, der uns da reinbringen könnte?
  • HR fragt: Wer ist verfügbar – und was könnten wir mit ihr aufbauen?
  • Kundenservice fragt: Was machen wir mit dem Feedback von gestern?

Also: Keine Riesen-Strategie. Aber kluge Entscheidungen da, wo eh noch keiner den Fahrplan kennt.

🤝 Wen findest du – nicht wen brauchst du

Du musst nicht die ganze Organisation überzeugen. Fang mit denen an, die mitziehen.

Oft reicht das, um was ins Rollen zu bringen. Prototyp hier, Test da – und wenn’s läuft, fragt irgendwann doch mal jemand: „Was macht ihr da eigentlich?“

Dann kannst du’s zeigen. Und wenn’s gut ist, kriegst du Rückendeckung. Kein Kampf, kein Drama.

📊 Plan machen. Dann anders machen.

Effectuation heißt nicht: Plan ist doof. Heißt nur: Wenn’s unklar wird, darf man improvisieren.

Ein Verlag testet ein neues Produkt nicht im Labor, sondern mit fünf echten Kunden. Zwei kaufen – reicht für den nächsten Schritt. Kein Riesentheater, kein großer Pitch. Sondern: Machen, lernen, weitermachen.

Klappt nicht überall. Aber öfter, als man denkt.

💡 Kein Kult draus machen

Effectuation ist kein Glaubensbekenntnis. Du musst nicht alles anders machen. Nur an den Stellen, wo dein alter Plan keine Antwort mehr hat.

Dann kannst du sagen:

„Gut. Dann probier ich’s eben mal anders.“

Das reicht oft schon.

Fazit

Effectuation funktioniert auch in klassischen Firmen. Nicht als Ersatz für alles. Aber als Ergänzung, wenn’s unklar wird. Und mal ehrlich: Wie oft weiß man heute wirklich, was passiert? Genau.


Wo hört’s auf? – Effectuation ist kein Zaubertrick

Wer denkt, mit Effectuation ließe sich jedes Problem im Unternehmen lösen, wird ziemlich schnell enttäuscht sein. Zeit, ein paar Mythen vom Tisch zu räumen.

„Mit Effectuation braucht man nicht mehr planen.“

Falsch. Effectuation ist nützlich, wenn Planung kaum möglich ist – aber nicht, weil Planen doof wäre.

In Bereichen wie Buchhaltung, Lager oder Logistik willst du kein „Wir schauen mal, was passiert“. Da ist ein guter Plan immer noch Gold wert.

Effectuation ist kein Ersatz für Planung – sondern ein Werkzeug für unsichere Lagen.

Kröte, Zauberstab [Bild von Mystic Art Design auf Pixabay]
Kröte, Zauberstab [Bild von Mystic Art Design auf Pixabay]

„Wir sind doch schon agil – also machen wir das eh.“

Auch daneben. Typisch gelebte Agilität hat Rollen, Meetings, Sprints, Boards. Effectuation hat keine dieser Dinge – es ist ein Denkansatz.

Beides kann sich ergänzen, aber es ist nicht das Gleiche.

Agilität ≠ Effectuation.

Du kannst beides nutzen – musst es aber auch auseinanderhalten.

„Alles Neue geht gut mit Effectuation.“

Nicht unbedingt. Ja, Effectuation funktioniert gut in der Frühphase von Ideen. Aber wenn es ernst wird – viel Geld, viele Vorschriften, viele Beteiligte – kommst du nur mit Bauchgefühl und Partnerschaften nicht weiter.

Dann brauchst du halt doch auch Zahlen, Analysen, Business Cases.

Nicht alles Neue lässt sich mit Bordmitteln bauen.

„Effectuation ist irgendwie basisdemokratisch.“

Klingt nett, stimmt aber nicht ganz. Klar, Partnerschaften sind wichtig. Klar, verschiedene Blickwinkel sind hilfreich.

Aber: Die Beteiligten müssen trotzdem Entscheidungen treffen und vor allem sagen, wann Schluss ist. (Leistbarer Verlust)

Effectuation ist kein Selbstläufer ohne Führung. Und Chaos ist auch keine Methode.

🧯 Wann du’s besser lässt

Es gibt Situationen, da bringt dir Effectuation wenig. Zum Beispiel:

  • Du gibst viel Geld aus – aber nur einmal.
  • Du brauchst viele Genehmigungen von Behörden.
  • Die Anforderungen sind vordefiniert, klar und unveränderlich.
  • Dein Team ist schon genervt von ständigen „neuen Ideen“.

Dann hilft kein absolutes „Wir schauen einfach mal“. Da hilft: sauber planen, klar kommunizieren – und durchziehen mehr.

Fazit

Effectuation ist nützlich – aber nicht überall. Wer denkt, das sei jetzt die eine Methode, macht denselben Fehler wie bei jedem anderen Hype: zu viel versprochen, zu wenig gebracht.

Also lieber: cool bleiben, gezielt nutzen – und wissen, wann’s nicht passt.


Effectuation braucht eine andere Denkweise

Effectuation ist keine Methode. Es ist eine komplett andere Sicht auf Entscheidungen und Unternehmertum. Wer das ernst meint, muss sich eine unangenehme Frage stellen:

Passt unser Verständnis von Management überhaupt noch zur heutigen Welt?

Das alte Managementbild wackelt – zu Recht

Die Idee von der Führungskraft als allwissender Entscheider hält sich hartnäckig: Überblick, Risikoanalyse, klarer Plan, Durchmarsch.

Manchmal ist das auch sinnvoll. Aber in unsicheren, komplexen Situationen bringt dir dieser Ansatz – nichts.

Denn was tun, wenn es keine sicheren Daten gibt? Wenn niemand weiß, was als Nächstes passiert?

Dann brauchst du keine Planmaschine, sondern Menschen, die ermöglichen: die Raum geben zum Ausprobieren, Lernen, Anpassen.

Und ja – das fühlt sich an wie Kontrollverlust. Ist aber eher der Verlust der Kontrollillusion. Wenn du bewußt handelst kannst Du die Zukunft selbst gestalten und das ist eine andere Art der Kontrolle.

Innovationen kreativ gemeinsam erstellen [Bild von vat loai auf Pixabay]
Innovationen kreativ gemeinsam erstellen [Bild von vat loai auf Pixabay]

Wie gut kann deine Organisation mit Nichtwissen umgehen?

Effectuation heißt auch: konstruktiv und pragmatisch mit Unsicherheit umgehen. Klingt gut – ist aber in vielen Unternehmen ein rotes Tuch.

Denn Unsicherheit wird oft gleichgesetzt mit:

  • Fehler
  • Kontrollverlust
  • „Nichts im Griff haben“

Dabei ist sie einfach Realität. Punkt.

Die entscheidende Frage ist also nicht:

„Wie machen wir’s garantiert richtig?“

Sondern:

„Was machen wir, wenn wir’s nicht wissen?“

Und genau da setzt Effectuation an.

Lernen statt Durchziehen

Effectuation lebt davon, dass man ins Handeln kommt – und dabei lernt. Aber Lernen heißt auch: Fehler machen, innehalten, umdenken.

In Unternehmen, die auf Zielerreichung und Fehlervermeidung getrimmt sind, ist das alles andere als einfach.

Deshalb gilt:

Ohne echten Lernraum funktioniert Effectuation nicht.

Was es braucht:

  • Zeit für Rückblicke – ohne Folien, ohne Show
  • Einen ehrlichen Umgang mit Fehlern – ohne Schuldzuweisungen
  • Führungskräfte, die sagen: „Ich weiß es auch nicht – lass es uns herausfinden“

🧠 Muss man agil sein für Effectuation?

Es hilft, da sich viele Prinzipien unterstützen. Das ist aber nicht der entscheidende Punkt. Man muss vor allem realistisch und pragmatisch sein.

Wer denkt, alles sei planbar, wird mit Effectuation nichts anfangen können. Wer akzeptiert, dass Unsicherheit normal ist, ist bereit.

Agile Denke hilft. Wichtig sind: Neugier und Offenheit.

Fazit: Unternehmertum neu gedacht – nicht besser, aber passender

Effectuation funktioniert nicht mit jedem „Führungsstil“, aber mit einer Welt, die unplanbar ist.

Es braucht weniger Ansagen – und mehr Einladungen.

Weniger Kontrollillusion – und mehr Zutrauen.

Wenn das gelingt, kann Effectuation nicht nur Innovation fördern – sondern auch den Umgang miteinander verändern.

Und das wäre doch schon ein Fortschritt.


Fazit & Ausblick – Was KMU aus Effectuation wirklich mitnehmen können

Effectuation ist kein Zaubertrick. Aber es ist eine richtig gute Brille – vor allem für Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich nicht mehr auf Pläne und Prognosen verlassen wollen (oder können).

Gerade kleine und mittlere Unternehmen, die nicht in Konzernlogik oder Bürokratie gefangen sind, haben einen Vorteil: Sie dürfen handeln, während andere noch abwarten. Und genau da wirkt Effectuation.

Vier Dinge, die KMU sofort nutzen können

✅ Anfangen – mit dem, was da ist: Man muss nicht alles durchdenken, bevor man losgehen kann. Wer schaut, was er schon hat – an Wissen, Kontakten, Möglichkeiten – kommt schneller ins Machen.

✅ Kooperation statt Ellenbogen: Offene Partnerschaften bringen oft Ideen oder Lösungen, die man allein nie gefunden hätte. Nicht „Was krieg ich raus?“ fragen – sondern „Was kriegen wir gemeinsam hin?“

✅ Verluste begrenzen – statt auf vordefinierte Gewinne setzen: Wer weiß, wie viel Einsatz er im Ernstfall verschmerzen kann, bleibt beweglich – selbst wenn’s mal schiefgeht. Und damit ist der Gewinn nicht nach oben begrenzt.

✅ Mit Überraschungen arbeiten – statt sie zu bekämpfen: Wenn sich der Plan ändert, ist das nicht automatisch Scheitern. Vielleicht ist es die bessere Richtung. Hauptsache, man bleibt handlungsfähig.

Unternehmertum — Effectuation [Image by Xuan Duong from Pixabay]
Unternehmertum — Effectuation [Image by Xuan Duong from Pixabay]

Was es dazu braucht

🧭 Zutrauen: Effectuation heißt nicht „jeder macht, was er will“. Es braucht klare Rahmen – aber eben auch den Mut, Dinge anzupacken.

🧰 Weniger Methoden, mehr gesunder Menschenverstand: Du brauchst keine App, kein Canvas, kein Workshop-Marathon. Meist reichen ein Blatt Papier, ein Telefon und jemand, der zuhört und bereit ist aktiv mitzumachen.

🧑‍🍳 Mitarbeitende, die mitdenken dürfen: Wenn jede Idee durch drei Hierarchieebenen muss, ist das Spiel vorbei. Wer seinen Leuten zutraut, mitzudenken, wird überrascht sein, was da möglich ist.

🚀 Drei einfache Fragen – für alle, die es ausprobieren wollen

  1. Was kann ich mit dem machen, was ich schon habe?
  2. Wer könnte mit mir an der Idee arbeiten – freiwillig, nicht gezwungen?
  3. Wie viel Einsatz kann ich bringen, ohne dass es mich nachts wach hält?

Wenn du diese Fragen ehrlich beantwortest, bist du schon mittendrin im effectualen Denken – auch ohne Methodenschulung.

Zum Schluss: Kopf einschalten bleibt Pflicht

Effectuation ersetzt kein unternehmerisches Gespür. Kein Fachwissen. Kein Bauchgefühl.

Aber es hilft beim Handeln, wenn der Weg unklar ist – und genau das brauchen viele Unternehmen heute mehr denn je.

Ob du es nun Effectuation nennst oder einfach: Mach das Beste aus dem, was du hast – am Ende zählt, was du tust.

Und das ist doch ein ziemlich guter Ausgangspunkt.


Weiterführende und alternative Quellen

[Agile 2001] Manifest für agile Softwareentwicklung: 2001, [online] https://agilemanifesto.org/iso/de/manifesto.html.

[Arend 2015] Arend, Richard J./Hessamoddin Sarooghi And Andrew Burkemper: EFFECTUATION AS INEFFECTUAL? APPLYING THE 3E THEORY-ASSESSMENT FRAMEWORK TO A PROPOSED NEW THEORY OF ENTREPRENEURSHIP, in: The Academy Of Management Review, Bd. 40, Nr. 4, 2015, [online] https://www.jstor.org/stable/43699312, S. 630–651.

[Brown 2016] Brown, Tim: Change by Design: Wie Design Thinking Organisationen verändert und zu mehr Innovationen führt, 01.08.2016.

[Chandler 2009] Chandler, Gaylen N./Dawn R. DeTienne/Alexander McKelvie/Troy V. Mumford: Causation and effectuation processes: A validation study, in: Journal of Business Venturing, vol. 26, no. 3, 28.11.2009, [online] doi:10.1016/j.jbusvent.2009.10.006, pp. 375–390.

[Eromero 2025] Eromero: Effectuation that respond to change: THE Crazy Quilt Principles – Yamato Manufacturing Co., Ltd., in: Yamato Manufacturing Co., Ltd., 03.03.2025, [online] https://www.yamatonoodle.com/news-topics/effectuation-that-respond-to-change-the-crazy-quilt-principles/.

[Faschingbauer 2010] Faschingbauer, Michael: Effectuation: wie erfolgreiche Unternehmer denken, entscheiden und handeln, 01.01.2010.

[Holisticon 2025] Holisticon AG: Liberating Structures – Innovation durch echte Zusammenarbeit, in: Holisticon AG, o. D., [online] https://liberatingstructures.de/.

[Lipmanowicz 2025] Lipmanowicz , Keith McCandless Henri: Liberating Structures – Introduction, o. D., [online] https://liberatingstructures.com/.

[Miller 2021] Miller, Joe/Ugur Sahin/Özlem Türeci: Projekt LightSpeed: Der Weg zum BioNTech-Impfstoff – und zu einer Medizin von morgen, 06.09.2021.

[Mortensen 2021] Mortensen, Ditte Hvas: The Basic Principles of Effectuation – How to Use What You Already Have to Become More Innovative, in: The Interaction Design Foundation, 22.04.2025, [online] https://www.interaction-design.org/literature/article/the-basic-principles-of-effectuation-how-to-use-what-you-already-have-to-become-more-innovative.

[Perry 2012] Perry, John T./Gaylen N. Chandler/Gergana Markova: Entrepreneurial Effectuation: A Review and Suggestions for Future Research, in: Entrepreneurship Theory And Practice, 01.07.2012, [online] doi:10.1111/j.1540-6520.2010.00435.x.

[Read 2015] Read, S., et al/S. Sarasvathy/N. Dew/R. Wiltbank: Unreasonable Assumptions in ASB, in: Read, Sarasvathy, Dew & Wiltbank, 2015, [online] https://22657557.fs1.hubspotusercontent-na1.net/hubfs/22657557/Journal%20Articles/2018/12/AMR-ASB-Assumptions-Detailed.pdf.

[Read 2006] Read, Stuart/Michael Song/Willem Smit/Charles N. Kimball: A meta-analytic review of effectuation and venture performance, in: Journal Of Business Venturing, journal-article, 01.11.2006, [online] doi:10.1016/j.jbusvent.2008.02.005.

[Ries 2014] Ries, Eric: Lean startup: Schnell, risikolos und erfolgreich Unternehmen gründen, 10.10.2014.

[Salgame 2025] Five Principles of Effectuation Theory – ARTICLE 114 | LinkedIn: 06.02.2025, [online] https://www.linkedin.com/pulse/five-principles-effectuation-theory-article-114-shivananda-salgame-awzwc/.

[Sarasvathy 2001] Sarasvathy, Saras D.: Causation and Effectuation: Toward a Theoretical Shift from Economic Inevitability to Entrepreneurial Contingency, in: Academy Of Management Review, Bd. 26, Nr. 2, 01.04.2001, [online] doi:10.5465/amr.2001.4378020, S. 243–263.

[Sarasvathy 2006] Sarasvathy, Saras D./University of Virginia Darden School Foundation: THE AFFORDABLE LOSS PRINCIPLE, 2006, [online] https://22657557.fs1.hubspotusercontent-na1.net/hubfs/22657557/Public Documents For Site/affordable_loss_teaching_note.pdf.

[Sarasvathy 2008] Sarasvathy, Saras D.: Effectuation: Elements of Entrepreneurial Expertise, 01.01.2008.

[Steiner 2024] Steiner, Simon: 8 Effectuation-Fallbeispiele – Wie Effectuation in der Praxis funktioniert: Effectuation Beispiele, Praxisbeis, in: TOOLS FOR TOMORROW, 09.03.2024, [online] https://www.tomorrow.tools/post/effectuation-beispiele.

[Broeksema 2021] The five principles of effectuation | LinkedIn: o. D., [online] https://www.linkedin.com/pulse/five-principles-effectuation-bertjan-broeksema/.

[Effectuation.org] The Five Principles of Effectuation: o. D., [online] https://effectuation.org/the-five-principles-of-effectuation.

[Effectuation.org Detail] The Five Principles of Effectuation Detail: o. D., [online] https://effectuation.org/the-five-principles-of-effectuation-detail.


Beiträge aus der Effectuation-Mini-Serie