Effectuation – klingt erstmal nach einem neuen Fitnessprogramm oder einer hippen App. Dahinter steckt aber ein handfestes, praxiserprobtes Denkmodell für alle, die auch ohne Glaskugel erfolgreich in die Zukunft steuern wollen. Erforscht wurde der Ansatz von Saras Sarasvathy, einer US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlerin, die untersucht hat, wie Unternehmer unter Unsicherheit tatsächlich handeln.
![Hand mit 5 Fingern – 5 Prinzipien von Effectuation [Bild von Prashant Sharma auf Pixabay]](https://pierresmits.de/wp-content/uploads/2025/05/colorful-4043742_1280.jpg)
Inhalt
Die Grundidee: Erfolgreiche Unternehmer verlassen sich nicht auf Vorhersagen oder den perfekten Masterplan. Stattdessen schauen sie, welche Mittel und Möglichkeiten sie bereits in der Hand haben – und gestalten daraus aktiv die nächsten Schritte.
Folgend schauen wir uns die dahinter steckenden Grundprinzipien noch etwas genauer als in Was ist Effectuation? – 5 Grundprinzipien und Ursprung an und ordnen sie anhand von Beispielen in den Unternehmenskontext ein.
Die fünf Prinzipien von Effectuation
Effectuation steht auf fünf Beinen – alles einfache, praxisnahe und erprobte Grundprinzipien. Keine Management-Voodoo-Zauberformeln, sondern eine robuste Denkweise für alle, die täglich mit Unsicherheit, Zeitdruck und begrenzten Mitteln im Unternehmen zu tun haben. [Effectuation.org] + [Effectuation.org Detail] + [Salgame 2025]
Hier eine kurze Vorschau:
- Bird-in-Hand / Mittelorientierung – Starte mit dem, was du hast – und nicht mit dem, was du gerne hättest! Kein Warten auf perfekte Bedingungen!
- Affordable-Loss / Leistbarer Verlust – Riskiere nur, was du bereit bist, zu verlieren! Oder: Spiel nur mit Chips, die du entbehren kannst!
- Crazy-Quilt / Partnerschaften – Kooperation statt Konkurrenz und Alleingänge! Baue ein Netzwerk aus Partnern auf! Bau dir dein Unternehmer-Quilt-Team!
- Lemonade / Kreativer Umgang mit Zufällen – Nutze Überraschungen, Irrwege und Rückschläge als Chancen! Auch wenn sie erstmal sauer schmecken, könnten sie dein nächster Glücksgriff sein!
- Pilot-in-the-Plane / Aktive Zukunftsgestaltung – Gestalte die Zukunft aktiv, statt sie nur planen und vorhersagen zu wollen! Du bist am Steuer!
Effectuation ist damit kein Wundermittel – aber eine ziemlich gute Einladung, Unternehmertum wieder ein Stück bodenständiger, kreativer und wirksamer zu denken. Und wer weiß: Vielleicht auch ein bisschen entspannter.
Und jetzt zu den Details:
1. Bird-in-Hand-Prinzip / Mittelorientierung
Starte mit dem, was du hast – und nicht mit dem, was du gerne hättest!
Kein Warten auf perfekte Bedingungen!
Was hab ich eigentlich schon in der Hand?
Wer ein Unternehmen aufbauen oder neue Ideen ins Rollen bringen will, braucht nicht unbedingt den perfekten Plan oder eine dicke Finanzspritze. Oft reicht schon ein ehrlicher Blick auf das, was sowieso schon da ist. Die entscheidende Frage lautet nicht: Was müsste ich alles haben?, sondern: Was bringe ich eigentlich jetzt schon mit?
Oder, etwas plastischer: Was liegt schon im Kühlschrank, bevor ich anfange, eine Einkaufsliste zu schreiben?
Genau darum geht es beim Bird-in-Hand-Prinzip (keine Angst, es geht nicht um Geflügelhandel):
![Picknick — Mittelorientierung [Image by Jill Wellington from Pixabay]](https://pierresmits.de/wp-content/uploads/2025/04/autumn-4579561_1280-1024x682.jpg)
💡 Kernidee
Statt auf den großen Wurf oder die idealen Bedingungen zu warten, startet man mit den eigenen Mitteln – Persönlichkeit, Erfahrung, Fähigkeiten und dem eigenen Netzwerk. Die drei Leitfragen dazu lauten:
- Wer bin ich?
- Was kann ich?
- Wen kenne ich?
Effectuation setzt genau hier an: Loslegen mit dem, was schon vorhanden ist.
Kleiner Start, große Wirkung – auch (oder gerade) in unsicheren Zeiten.
Übrigens: Diese Fragen helfen nicht nur Einzelpersonen weiter, sondern funktionieren genauso gut für Teams und ganze Unternehmen.
✨ Der Vorteil? Schneller Start
Effectuation ist so ziemlich das Gegenteil vom klassischen Reißbrett-Start-up. Hier wird nicht erst monatelang an perfekten Plänen gefeilt oder Zukunftsprognosen studiert. Stattdessen heißt es: Anfangen mit dem, was da ist. Schritt für Schritt.
Unterwegs wird gelernt, angepasst und weitergebaut – immer offen für neue Chancen, die sich auf dem Weg ergeben. Kein großes Theater, kein Warten auf den idealen Moment. Einfach loslegen, wachsen und dabei schlauer werden. [Mortensen 2021]
📋 Zusammenfassung: Starten mit den eigenen Mitteln
Beim Effectuation-Ansatz geht’s nicht darum, von Anfang an das große Ziel perfekt auszumalen. Stattdessen schauen Unternehmer erst einmal: Was bringe ich eigentlich schon mit?
- Wer bin ich? (Eigenschaften, Werte, Persönlichkeit)
- Was kann ich? (Wissen, Fähigkeiten, Erfahrungen)
- Wen kenne ich? (Kontakte, Netzwerke, Beziehungen)
Aus diesen Zutaten entstehen dann konkrete Handlungsoptionen – und statt lange zu grübeln, wird einfach losgelegt.
Nicht träumen, machen. Schritt für Schritt, mit dem, was schon auf dem Tisch liegt.
🛠️ Beispiele
Standardbeispiel: Eine Softwareentwicklerin mit Gründergeist
Eine Softwareentwicklerin will ein neues Produkt auf den Markt bringen. Statt sich erst monatelang durch Marktforschung, Businesspläne und endlose PowerPoint-Schlachten zu quälen, legt sie los – mit dem, was sie schon hat: Programmier-Skills, ein kleines Budget und ein paar gute Kontakte.
Das Ergebnis? Ein Prototyp, den sie direkt im eigenen Netzwerk ausprobiert, verbessert und weiterentwickelt. Ganz ohne Raketenwissenschaft – aber mit jeder Menge gesundem Menschenverstand.
Daymond John (FUBU)
Seine ersten Kleidungsstücke hat er selbst genäht – mit ein bisschen Unterstützung von Freunden – und in der Nachbarschaft verkauft. Kein großer Masterplan, keine Millioneninvestoren, keine Hochglanzstrategie. Nur Können, Leidenschaft und ein paar helfende Hände.
Und heute? Eine Multimillionenmarke. So kann’s laufen, wenn man einfach startet – statt ewig auf den „richtigen Moment“ zu warten.
Sara Blakely (Spanx)
Startkapital? 5.000 Dollar. Branchenkenntnis? Null. Aber sie hatte eine Idee – und den Mut, loszulegen.
Mit einem Prototyp, ehrlichem Feedback und einer guten Portion Hartnäckigkeit hat sie Schritt für Schritt ein kleines Imperium aufgebaut. Statt auf perfekte Voraussetzungen zu warten, setzte sie auf das, was sie hatte: Wissen, Kreativität und persönliche Kontakte.
Kein Lehrbuchwissen, keine perfekten Bedingungen – sondern echtes Unternehmertum, wie es im Alltag wirklich läuft.
🏢 Anwendung im Unternehmen & 🔗 Wie sich Effectuation mit anderen Methoden verknüpfen lässt
- Teams und Innovationsteams: Starten, statt auf das große Budget oder die perfekte Marktanalyse zu warten. Mit den Mitteln arbeiten, die schon da sind – und los geht’s.
- Produktentwicklung: Was können wir mit dem, was heute verfügbar ist – den Skills, den Maschinen, den Kontakten – direkt ausprobieren? Kleine Schritte, echte Fortschritte.
- Liberating Structures: Mit Methoden wie 1-2-4-All wird das Wissen im Team schnell sichtbar. Statt stundenlang zu diskutieren, zeigt sich rasch, was an Ideen und Möglichkeiten schon auf dem Tisch liegt. [Holisticon 2025] + [Lipmanowicz 2025]
- Allgemein: Wer regelmäßig z.B. auf sein Kanban-Board schaut, kennt das Prinzip: Was ist da, was können wir jetzt sofort anpacken? Genau das ist Bird-in-Hand-Denken – pragmatisch, machbar, wirkungsvoll.
🪄 Fazit
Manchmal ist der beste Plan, gar keinen zu haben.
Einfach das nutzen, was schon da ist – und schauen, wohin einen der Weg führt.
Oft kommt man damit weiter als mit dem hundertsten Plan B.
2. Affordable-Loss-Prinzip / Leistbarer Verlust
Riskiere nur, was du bereit bist, zu verlieren!
Oder: Spiel nur mit Chips, die du entbehren kannst!
Die Kunst, Risiken realistisch zu betrachten.
Klassische Geschäftspläne träumen oft vom maximal möglichen Gewinn – immer mit der Frage im Hinterkopf: Was, wenn alles super läuft? Doch während das „All-in“ im Casino ein Glücksspiel bleibt, geht es im echten Leben oft darum, den Einsatz so zu wählen, dass er nicht die ganze Existenz gefährdet.
![Lego Arbeiter — Leistbarer Verlust [Image by flockine from Pixabay]](https://pierresmits.de/wp-content/uploads/2025/04/lego-2614046_1280-1024x745.jpg)
💡 Kernidee
Statt sich auf den maximalen Gewinn zu konzentrieren, fragt man sich: „Was kann ich riskieren, ohne nachts wachzuliegen?“ oder „Was bin ich bereit zu riskieren, ohne dass mir der Laden um die Ohren fliegt?“
Egal, ob es um Können, Geld, Material, Zeit oder Nerven geht: Wer den maximal verkraftbaren Verlust kennt, hat die besten Chancen. Denn: Wer nicht immer alles auf eine Karte setzt, kann Fehler machen, neue Wege ausprobieren und trotzdem weitermachen, ohne aus der Bahn geworfen zu werden.
Das Affordable-Loss-Prinzip stellt nicht den möglichen Gewinn, sondern den realistischen Verlust in den Mittelpunkt der Entscheidungsfindung. So lassen sich Risiken besser steuern und flexibler auf Veränderungen reagieren. [Sarasvathy 2006]
✨ Der Vorteil? Flexibilität und Risikobewusstsein statt Drama
Effectuation denkt nicht in Traumrenditen, sondern in leistbaren Verlusten – also in dem, was du notfalls locker wegstecken kannst. Klingt wenig heroisch, ist aber ziemlich clever. Denn das ermöglicht:
- Kleine Experimente mit kalkulierbarem Einsatz – Lernen inklusive.
- Kein Drama bei Misserfolg – das Risiko bleibt kontrollierbar.
- Unbegrenzte Chancen bei Erfolg – der Gewinn hat keine obere Grenze.
Im Gegensatz zu fixen Plänen und Zielen, bleibt das Unternehmen beweglich, auch unter Unsicherheit.
🛠️ Beispiele
Ein Gründer mit Bodenhaftung
Ein Gründer startet seinen ersten Prototypen nicht mit einem dicken Geldbeutel, sondern mit einem überschaubaren Budget und ein paar Wochen seiner Zeit. Worst Case? Es klappt nicht – aber immerhin hat er einiges dazugelernt.
Best Case? Der Prototyp kommt gut an und er kann mit dem nächsten Schritt weitermachen. Kein Drama, kein überzogenes Risiko – einfach gesunder Pragmatismus.
Richard Branson (Virgin Atlantic):
Richard Branson hat nicht gleich eine ganze Flotte gekauft, sondern nur ein einzelnes Flugzeug geleast. Und was wäre, wenn’s schiefgegangen wäre? Dann hätte er’s einfach zurückgegeben. Kein dramatischer Fehlstart, sondern ein kalkulierter Versuch. Das Risiko war überschaubar, der mögliche Gewinn dafür umso größer.
Brian Chesky und Joe Gebbia (Airbnb)
Zwei Jungs, eine Wohnung, ein paar vermietete Luftmatratzen – und ein Konferenz-Wochenende in San Francisco. Das war der Start. Kein Investor, kein großes Büro, kein Risiko, das die Existenz bedroht. Der Aufwand war gering, das Risiko überschaubar. Erst nachdem das Konzept funktionierte, investierten sie mehr Zeit und Geld in die Plattform. Der Rest ist Geschichte.
🏢 Anwendung im Unternehmen & 🔗 Verknüpfung zu anderen Methoden
- Neue Projekte: Statt direkt mit vollem Risiko loszulegen, startet man besser als Pilotprojekt – mit einem klar definierten maximalen Verlust (zum Beispiel begrenzte Zeit, kleines Budget, definierte Ressourcen). So bleibt das Risiko kalkulierbar, aber das Lernen geht los.
- Produktentwicklung: Der Klassiker: Prototypen (Minimum Viable Products, MVPs) erstellen – und zwar mit minimalem Aufwand, um schnell Feedback zu bekommen. Keine jahrelange Planung, sondern sofort loslegen und verbessern.
- Investitionen: Nur so viel investieren, wie man auch dann noch gut verkraften kann, wenn es mal nicht läuft. Risikomanagement, das Spaß macht – weil es nicht gleich alles auf’s Spiel setzt.
- Lean Startup: Der Build-Measure-Learn-Zyklus hat genau hier seinen Platz: Kleine, kostengünstige Experimente, schnelle Rückmeldungen – ohne das Risiko, alles zu verlieren. [Ries 2014]
- Design Thinking: Ideen früh testen, und zwar mit minimalem Aufwand. Kein monatelanges Planen. Das Testen und Anpassen gehört hier zum Standardvorgehen.
- Allgemein: Indem man die Arbeit (Work-in-Progress) limitiert, verringert man das Risiko, sich zu verzetteln und gleichzeitig das Risiko durch Überlastung. Pragmatik statt Chaos.
🪄 Fazit
Denk groß – aber starte klein.
Behalte nicht im Blick, was du vielleicht/eventuell/theoretisch gewinnen würdest – sondern was du bereit bist, zu verlieren.
So bleibt Unternehmertum mutig – aber nicht wahnsinnig.
3. Crazy-Quilt-Prinzip / Partnerschaften
Kooperation statt Konkurrenz und Alleingänge! Baue ein Netzwerk aus Partnern auf!
Bau dir dein Unternehmer-Quilt-Team!
Wer bei Unternehmertum gleich an Konkurrenz, Verdrängung und „jeder gegen jeden“ denkt, hat Effectuation noch nicht kennengelernt. Bei Effectuation denken wir nämlich von Anfang an auch an Zusammenarbeit. Wir holen Partner, Kunden, Lieferanten oder andere Unternehmer direkt mit ins Boot. Nicht als Statisten, sondern als echte Mitgestalter.
💡 Kernidee
Unternehmertum ist kein Soloauftritt. Wer früh Partner, Kunden und Lieferanten einbindet, bekommt neue Perspektiven, Ressourcen und Ideen. Wie bei einer Patchwork-Decke entsteht aus vielen Teilen ein starkes Ganzes. [Eromero 2025]
![Patchwork — Partnerschaften [Image by Karolina Grabowska from Pixabay]](https://pierresmits.de/wp-content/uploads/2025/04/chair-791586_1280-682x1024.jpg)
✨ Der Vorteil? Gemeinsame Co-Kreation und robustere Ideen
Wer früh Mitstreiter ins Boot holt, bekommt nicht nur Unterstützung, sondern auch Zugang zu neuem Wissen, Ressourcen und Kontakten, die man alleine vielleicht nie gefunden hätte. Diese Mitstreiter prägen die Idee aktiv mit und eröffnen Wege, an die allein niemand gedacht hätte. Genau wie bei einer Patchwork-Decke wird aus vielen verschiedenen Stücken etwas Bunteres, Stärkeres und Belastbareres.
Kooperation schlägt Konkurrenz: Wer früh gemeinsam losläuft, kommt oft schneller voran – und hat unterwegs auch noch mehr Spaß. Unternehmertum ist eben keine One-Man-Show, sondern eher wie eine gute Band: Jede Stimme und jedes Instrument zählt – und zusammen klingt’s einfach besser.
🛠️ Beispiele
Standardbeispiel: Ein Start-up mit offenen Armen
Anstatt im stillen Kämmerlein zu tüfteln, lädt das Team schon frühzeitig Kunden, Partner und potenzielle Nutzer ein, aktiv mitzuentwickeln. Feedback, Ideen und praktische Hinweise fließen direkt ein. Das Ergebnis? Ein Produkt, das von Anfang an besser funktioniert – weil es nicht am Bedarf vorbeigeplant wurde.
Siemens & Nokia:
Zwei Schwergewichte, ein Ziel: Industrie 4.0. Siemens bringt Automatisierung mit, Nokia Netzwerktechnik – zusammen entwickeln sie smarte Produktionsanlagen mit verbesserter Vernetzung, Effizienz und Sicherheit. Keine Ego-Show, sondern echtes Teamplay.
BMW, Intel & Mobileye:
Autonomes Fahren? Ein echtes Mammutprojekt. Allein wäre BMW nie so schnell so weit gekommen. Aber mit Intel (Chips & Rechenpower) und Mobileye (Kamera & KI) ging’s richtig voran. Jeder bringt sein Spezialwissen ein, um die technischen Hürden zu überwinden – und gemeinsam wird’s was Großes.
🏢 Anwendung im Unternehmen & 🔗 Verknüpfung zu anderen Methoden
- Frühzeitige Einbindung von Kunden, Lieferanten und anderen Stakeholdern in Innovationsprojekte. So wird das Produkt von Anfang an besser, weil es nicht an den Bedürfnissen der Zielgruppe vorbeigeht.
- Entwicklung von Ökosystemen und Co-Creation-Plattformen, die gemeinsames Lernen und kreatives Gestalten ermöglichen.
- Zusammenarbeit über Teamgrenzen hinweg – zum Beispiel durch gemeinsame Boards mit Partnern oder Kunden (wie Kanban), um alle auf dem gleichen Stand zu halten.
- Liberating Structures: Methoden wie „Appreciative Interviews“ oder „User Experience Fishbowl“ fördern die kreative Zusammenarbeit mit externen Partnern. [Holisticon 2025] + [Lipmanowicz 2025]
- Design Thinking: Hier wird nutzerzentriertes Arbeiten und die Co-Kreation mit Kunden und Partnern großgeschrieben. [Brown 2016]
- Allgemein: Durch die Visualisierung gemeinsamer Arbeitsprozesse über Teams oder Unternehmen hinweg lässt sich die Abstimmung und Zusammenarbeit deutlich verbessern.
🪄 Fazit
Unternehmer suchen aktiv Partnerschaften mit Menschen und Organisationen, die bereit sind, Ideen, Ressourcen und Energie einzubringen. Diese Zusammenarbeit verringert Unsicherheiten, eröffnet neue Möglichkeiten und sorgt dafür, dass Unternehmertum nicht nur erfolgreicher, sondern auch lebendiger wird.
4. Lemonade-Prinzip / Kreativer Umgang mit Zufällen
Nutze Überraschungen, Irrwege und Rückschläge als Chancen!
Auch wenn sie erstmal sauer schmecken, könnten sie dein nächster Glücksgriff sein!
Im klassischen Management sind unerwartete Wendungen oft der Stoff für Krisenmeetings. Bei Effectuation hingegen sind sie Teil des Spiels. Oder besser gesagt: Teil der Chance, um neue Ideen zu entwickeln. Denn es gilt: Nicht jeder Umweg ist Zeitverschwendung – manchmal führt er zur besten Idee überhaupt.
💡 Kernidee
Überraschungen und Rückschläge sind keine Katastrophen, sondern Gelegenheiten, etwas Neues auszuprobieren. Unternehmer sollten diese Wendungen annehmen und kreativ damit umgehen, um Lösungen zu finden, die vorher vielleicht nicht auf dem Plan standen. Wer flexibel bleibt, kann aus unerwarteten Veränderungen oft mehr herausholen, als ursprünglich gedacht.
![Zitronenkuchen — Umgang mit Zufällen [Image by Moira Nazzari from Pixabay]](https://pierresmits.de/wp-content/uploads/2025/04/cake-3060458_1280-1024x707.jpg)
✨ Der Vorteil? Innovationsfähigkeit
„Hoppla, das war anders als gedacht – na und? Schauen wir mal, was draus wird!“
Denn ob geplatzte Pläne, Kundenfeedback à la „Ihr habt das völlig falsch verstanden“ oder ein Produkt, das zufällig was ganz anderes gut kann – all das kann der Startpunkt für etwas Neues sein. Vielleicht sogar für etwas Besseres. [Broeksema 2021]
🛠️ Beispiele
Standardbeispiel: Ein Team entwickelt eine App für X – aber die Nutzer wollen sie für Y.
Anstatt zu sagen: „Das war wohl nichts!“, fragt sich das Team: „Warum kommt Y eigentlich so gut an?“
Sie nehmen das Feedback auf, passen sich an – und entdecken plötzlich einen Markt, der vorher nicht auf dem Radar war. Neue Zielgruppe, neue Chancen, neuer Schwung.
Ein Unternehmen erkennt so durch Kundenfeedback eine unerwartete Anwendungsmöglichkeit für sein Produkt und erschließt einen neuen Markt.
3M & die Post-its
Der 3M-Wissenschaftler Spencer Silver hatte einen neuen Klebstoff entwickelt. Der sollte eigentlich stark kleben, aber das tat er nicht. Anstatt ihn als Fehlschlag abzutun, dachte sein Kollege Art Fry: „Warte mal, das könnte doch nützlich sein…“
So wurde aus einer misslungenen Idee eines der bekanntesten Büroprodukte der Welt.
Slack
Entwickelt wurde ursprünglich ein Online-Game. Das hat niemanden interessiert. Aber das interne Chat-Tool? Das war auf einmal heiß begehrt. Statt das gesamte Projekt abzubrechen, setzten sie genau darauf – und bauten es zum heutigen Slack aus. Inzwischen ist Slack überall – und das Spiel? Das vermisst vermutlich keiner.
Klassischer Fall von „Fail fast – pivot smart“.
🏢 Anwendung im Unternehmen & 🔗 Verknüpfung zu anderen Methoden
- Fehler und Überraschungen als Lerngelegenheit nutzen – anstatt sich davon aus der Bahn werfen zu lassen.
- Eine Umgebung schaffen, in der Experimente und Umwege willkommen sind – denn so kommen wirklich neue Ideen und Lösungen zustande.
- Strategien flexibel gestalten, damit man schnell auf Marktveränderungen oder neue Trends reagieren kann.
- Liberating Structures: „What, So What, Now What?“ hilft dabei, aus Überraschungen das Beste zu machen und die nächsten Schritte klar zu definieren. „Troika Consulting“ regt den offenen Austausch zu Herausforderungen an und sorgt oft für Lösungen und Perspektiven, die man so nicht erwartet hätte.
- Lean Startup: Wenn das Marktfeedback eine neue Richtung vorschlägt, frühzeitig die Richtung ändern, statt stur am alten Plan festzuhalten.
- Allgemein: Durch transparente Prozesse und die Bereitschaft, Dinge schnell anzupassen, bleibt das Team flexibel und handlungsfähig, egal was passiert.
🪄 Fazit
Überraschungen sind kein Problem im System, sondern eine Gelegenheit. Wer versucht aus Umwegen und unerwarteten Ereignissen etwas Kreatives zu machen, findet oft Lösungen, die er vorher gar nicht auf dem Radar hatte.
Anstatt sich von Rückschlägen bremsen zu lassen, sehen erfolgreiche Unternehmer diese als Chance, neu durchzustarten. Und keine Sorge, auch wenn es zum Prinzip passen würde, hole ich jetzt nicht noch den Spruch mit den Zitronen und der Limonade raus.
5. Pilot-in-the-Plane-Prinzip / Selbst steuern statt warten
Gestalte die Zukunft aktiv, statt sie nur planen und vorhersagen zu wollen!
Du bist am Steuer!
Im Gegensatz zu klassischen Geschäftsansätzen, die die Zukunft als etwas betrachten, das man vorhersagen und steuern muss, sieht Effectuation die Zukunft als etwas, das wir aktiv gestalten. Es geht nicht darum, abzuwarten, was kommt, sondern Schritt für Schritt mit dem zu arbeiten, was wir haben und beeinflussen können. Unternehmer steuern ihr Unternehmen wie ein Pilot, der nicht auf den perfekten Wind wartet, sondern seine Route aktiv anpasst, je nachdem, was er unterwegs vorfindet.
![Flugzeugabsturz — Aktive Zukunftsgestaltung [Image by Stefan Keller from Pixabay]](https://pierresmits.de/wp-content/uploads/2025/04/fantastic-7014634_1280-1024x472.jpg)
💡 Kernidee
Die Zukunft ist kein Ereignis, das einfach passiert und vorab geplant werden kann. Sie ist vielmehr ein Spielfeld, das aktiv gestaltet werden muss. Unternehmer steuern ihr Unternehmen wie Piloten ihr Flugzeug – nicht indem sie auf den perfekten Moment warten, sondern indem sie mit dem, was sie wissen und beeinflussen können, Schritt für Schritt vorwärtsgehen.
✨ Der Vorteil? Handlungsfähigkeit, Selbstwirksamkeit und Unabhängigkeit von Prognosen
So wie ein Pilot im Cockpit: Der startet auch nicht nur bei wolkenlosem Himmel und Wind aus der perfekten Richtung. Er weiß, dass unterwegs einiges anders laufen kann – und genau deshalb sitzt er ja am Steuer. Er beobachtet, korrigiert, entscheidet. Und kommt so ans Ziel. Vielleicht nicht exakt so, wie geplant – aber meistens besser als ohne Start. [Steiner 2024] + [Broeksema 2021]
🛠️ Beispiele
Standardbeispiel: Produktstart mit direktem Feedback
Anstatt monatelang auf umfassende Marktforschung zu warten, bringt eine Unternehmerin ihr Produkt direkt zu ihrer ersten Zielgruppe. Sie holt sich Feedback, lernt aus der Praxis und entwickelt das Angebot Schritt für Schritt weiter. Sie agiert wie eine Pilotin, die aktiv steuert, statt passiv auf die perfekten Bedingungen zu warten.
Steuer in der Hand, Augen auf den Horizont – statt nur auf die Landkarte.
Der Pizzabäcker aus Tangstedt
Als der Lockdown kam und seine Pizzeria fast schließen musste, hätte der Pizzabäcker abwarten oder auf staatliche Hilfe hoffen können. Stattdessen übernahm er das Steuer: Er begann, seine Pizzen selbst tiefzukühlen und direkt an seine Stammkundschaft zu verkaufen – eine Idee, die er mit überschaubarem Risiko testete.
Die Nachfrage wuchs, und er baute das Angebot schrittweise aus. Schließlich investierte er in eine professionelle Kühlanlage und gewann sogar eine Supermarktkette als Partner. Aus der Not entstand ein neues Geschäftsmodell – nicht durch Planung, sondern durch entschlossenes Handeln.
Patagonia und das Geschäft mit dem Weniger
Patagonia produziert Outdoor-Kleidung – und das ziemlich erfolgreich. Doch statt wie üblich immer mehr zu verkaufen, rief das Unternehmen seine Kunden plötzlich dazu auf, weniger zu kaufen. Klingt seltsam? War aber sehr ernst gemeint.
Mit der „Worn Wear“-Initiative nahm Patagonia gebrauchte Kleidung wie Jacken, Hosen und Rucksäcke zurück, reparierte sie und brachte sie wieder in den Verkauf. Statt dem Trend des ständigen Konsums zu folgen, schuf das Unternehmen ein nachhaltiges Geschäftsmodell, das bei den Kunden gut ankam und gleichzeitig wirtschaftlich sinnvoll war.
Das Beispiel zeigt: Man muss nicht jedem Trend hinterherlaufen. Wer mutig seinen eigenen Weg geht, vermeintliche Widersprüche auflöst und seinen Werten treu bleibt, kann nicht nur Kunden begeistern, sondern auch neue Märkte erschließen.
🏢 Anwendung im Unternehmen & 🔗 Verknüpfung zu anderen Methoden
- Märkte und Geschäftsmodelle aktiv gestalten, anstatt nur auf Trends zu reagieren und sich treiben zu lassen.
- Die Teams befähigen, eigenverantwortlich zu handeln und Entscheidungen zu treffen.
- Agile Methoden wie Scrum und Kanban ermöglichen es Unternehmen, iterativ und inkrementell zu arbeiten und auf Kundenfeedback schnell zu reagieren.
- Liberating Structures: Methoden wie „Open Space“ oder „TRIZ“ fördern die aktive Mitgestaltung durch alle Beteiligten und schaffen Raum für neue Ideen.
- Allgemein: Teams übernehmen Verantwortung für ihre Arbeit und passen ihre Prozesse flexibel an, um schnell auf neue Anforderungen reagieren zu können.
🪄 Fazit
Wer darauf wartet, dass alles perfekt läuft, wird nie starten. Wer jedoch das Steuer übernimmt und aktiv handelt, kommt schneller ans Ziel und kann die Zukunft selbst gestalten. Unternehmen, die nicht nur auf Prognosen und starren Plänen basieren, sondern flexibel auf Veränderungen reagieren, haben einen klaren Vorteil.
Fazit
Effectuation ist mehr als nur eine Theorie – es ist ein praktischer Ansatz, der Unternehmern hilft, mit Unsicherheit umzugehen und ihre Zukunft aktiv zu gestalten.
Effectuation als Gedankenmodell für Macher
Effectuation bietet einen flexiblen, handlungsorientierten Ansatz, um Chancen in unsicheren und komplexen Situationen zu erkennen und zu nutzen – und das mit den Mitteln, die bereits zur Verfügung stehen. Die fünf Prinzipien ersetzen nicht die klassische Planung, sondern ergänzen sie perfekt für all diejenigen, die in unsicheren Zeiten aktiv gestalten möchten. Sie fördern Pragmatismus, Mut und Kreativität und machen Unternehmertum flexibler und entspannter und vielleicht auch menschlicher.
Die genannten Beispiele zeigen, wie Effectuation in der Praxis funktioniert: Unternehmer starten mit dem, was sie haben, begrenzen Risiken, bauen Partnerschaften auf und aus, nutzen unerwartete Wendungen und gestalten ihre Zukunft aktiv. Sie beweisen, dass man nicht auf die perfekte Gelegenheit warten muss, sondern mit den verfügbaren Mitteln handeln kann. Und falls es schiefgeht? Dann wird daraus aktiv gelernt.
Integration in bestehende Methoden
Effectuation lässt sich gut mit agilen Methoden, Lean Startup, Design Thinking und Liberating Structures verbinden. Diese Ansätze helfen Unternehmen, schnell zu handeln, sich anzupassen und neue Ideen zu entwickeln. Besonders in unsicheren und schnell wechselnden Zeiten bieten sie eine praktische Möglichkeit, flexibler und pragmatischer zu arbeiten. Wenn man die Denkweise von Effectuation in bestehende Arbeitsweisen integriert, wird es einfacher, auf Veränderungen zu reagieren und schnell zu handeln. In den nächsten Beiträgen werde ich dazu mehr erklären.
Praxisnahe Anwendung
Diese Prinzipien helfen Unternehmen, auch in unsicheren Zeiten einfach zu handeln. Statt sich in endlosen Planungen zu verlieren, treffen Unternehmen, die die Denkweise von Effectuation nutzen, schnell Entscheidungen und passen ihre Vorgehensweise immer wieder an. Wer mit dem arbeitet, was er hat, und offen bleibt für neue Ideen, kann nicht nur erfolgreich sein, sondern auch etwas wirklich Neues schaffen.
Weiterführende und alternative Quellen
[Agile 2001] Manifest für agile Softwareentwicklung: 2001, [online] https://agilemanifesto.org/iso/de/manifesto.html.
[Brown 2016] Brown, Tim: Change by Design: Wie Design Thinking Organisationen verändert und zu mehr Innovationen führt, 01.08.2016.
[Eromero 2025] Eromero: Effectuation that respond to change: THE Crazy Quilt Principles – Yamato Manufacturing Co., Ltd., in: Yamato Manufacturing Co., Ltd., 03.03.2025, [online] https://www.yamatonoodle.com/news-topics/effectuation-that-respond-to-change-the-crazy-quilt-principles/.
[Faschingbauer 2010] Faschingbauer, Michael: Effectuation: wie erfolgreiche Unternehmer denken, entscheiden und handeln, 01.01.2010.
[Holisticon 2025] Holisticon AG: Liberating Structures – Innovation durch echte Zusammenarbeit, in: Holisticon AG, o. D., [online] https://liberatingstructures.de/.
[Lipmanowicz 2025] Lipmanowicz , Keith McCandless Henri: Liberating Structures – Introduction, o. D., [online] https://liberatingstructures.com/.
[Miller 2021] Miller, Joe/Ugur Sahin/Özlem Türeci: Projekt LightSpeed: Der Weg zum BioNTech-Impfstoff – und zu einer Medizin von morgen, 06.09.2021.
[Mortensen 2021] Mortensen, Ditte Hvas: The Basic Principles of Effectuation – How to Use What You Already Have to Become More Innovative, in: The Interaction Design Foundation, 22.04.2025, [online] https://www.interaction-design.org/literature/article/the-basic-principles-of-effectuation-how-to-use-what-you-already-have-to-become-more-innovative.
[Ries 2014] Ries, Eric: Lean startup: Schnell, risikolos und erfolgreich Unternehmen gründen, 10.10.2014.
[Salgame 2025] Five Principles of Effectuation Theory – ARTICLE 114 | LinkedIn: 06.02.2025, [online] https://www.linkedin.com/pulse/five-principles-effectuation-theory-article-114-shivananda-salgame-awzwc/.
[Sarasvathy 2008] Sarasvathy, Saras D.: Effectuation: Elements of Entrepreneurial Expertise, 01.01.2008.
[Sarasvathy 2006] Sarasvathy, Saras D./University of Virginia Darden School Foundation: THE AFFORDABLE LOSS PRINCIPLE, 2006, [online] https://22657557.fs1.hubspotusercontent-na1.net/hubfs/22657557/Public Documents For Site/affordable_loss_teaching_note.pdf.
[Steiner 2024] Steiner, Simon: 8 Effectuation-Fallbeispiele – Wie Effectuation in der Praxis funktioniert: Effectuation Beispiele, Praxisbeis, in: TOOLS FOR TOMORROW, 09.03.2024, [online] https://www.tomorrow.tools/post/effectuation-beispiele.
[Broeksema 2021] The five principles of effectuation | LinkedIn: o. D., [online] https://www.linkedin.com/pulse/five-principles-effectuation-bertjan-broeksema/.
[Effectuation.org] The Five Principles of Effectuation: o. D., [online] https://effectuation.org/the-five-principles-of-effectuation.
[Effectuation.org Detail] The Five Principles of Effectuation Detail: o. D., [online] https://effectuation.org/the-five-principles-of-effectuation-detail.
Beiträge aus der Effectuation-Mini-Serie
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Die 5 Prinzipien von Effectuation im Detail
Handlungsfähigkeit für Unternehmer und Entscheider
— von
-
Effectuation vs. Kausalität – Ein neuer Blick aufs Unternehmertum
Warum reines Planen heute nicht mehr reicht
— von
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