Wie sorgt man für ein solides Fundament, auf dem Innovationen aufbauen können? Was hilft, um Ideen zu fördern und nicht gleich im Keim zu ersticken? Das niederschwellige Konzept des Ideenschutzengels nach Maren Baermann /1/ bietet hierfür eine gute Hilfestellung.
Innovationen sind oft das Produkt aus Ideen und Unternehmertum. Sie sind keine Inspiration, die einem zugeflogen kommt. Um sie umzusetzen, muss man etwas tun. Dieser Artikel fokussiert sich ausschließlich auf den Teil der Ideen und beschäftigt sich damit, was getan werden kann, um eine Umgebung zu schaffen, in der Innovationen besser gedeihen können, indem Ideen eine bessere Chance haben.
Hintergrund
Um Ideen zu initial zu finden und darauf aufbauend weiter zu entwickeln ist Kreativität notwendig. Nach /2/ ist Kreativität ist Fähigkeit, selbstauferlegte Beschränkungen zu ändern – „Creativity is the ability to modify self-imposed constraints.“. Hierbei helfen Kreativitätstechniken und der Rückhalt, dass es OK ist Ideen zu haben. An diesem Punkt setzt das Konzept des Ideenschutzengels an und nutzt hierfür die Erkenntnisse aus den Ansätzen der psychologischen Sicherheit und der Agilen Motivation.
Psychologische Sicherheit: Das Gefühl, dass man sich in einer Umgebung oder einer Situation als Mensch einbringen kann und zwischenmenschliche Risiken eingehen kann, ohne befürchten zu müssen, dafür ein Messer in den Rücken zu bekommen. (sh. auch /3/)
Agile Motivation: Der innere Antrieb. Der Antrieb wird gefördert durch die Erfüllung von drei grundlegenden psychologischen Bedürfnissen: Selbstbestimmtheit, Kompetenz und Eingebundenheit.
Das bedeutet, dass Entscheidungen getroffen werden können und dürfen. Zudem liegen Fähigkeit und die Möglichkeit/Auswahl für Entscheidungen vor. Selbstwirksamkeit wird erfahren und es bestehen Entwicklungsmöglichkeiten. Wir haben Beziehungen und sind über diese mit unseren Mitmenschen verbunden. Handlungen sind in Einklang mit den eigenen Werten und der eigenen Weltanschauung. (vgl. /4/)
Ideenschutzengel
Das Konzept des Ideenschutzengels fördert die Kombination beider Ansätze. Es schafft einen Rahmen, in dem Ideen geäußert werden können und leistet einen Beitrag zu allen 3 genannten psychologischen Grundbedürfnissen. Er hat damit das Potential als Katalysator für Innovationen zu fungieren. Mit welchen Praktiken arbeitet jetzt also dieses possierliche kleine Kerlchen?
Vorurteile weglassen
Unschuldsengel gleich wird zunächst allen Ideen, auch ungewöhnlichen und neuen, eine Chance gegeben. Vergleichbar mit der Prime Directive gehen Ideenschutzengel davon aus, dass Menschen ihr Bestes geben. Vorurteile müssen hinten anstehen.
Die Ideengeber schützen
… und den Beitrag wert-schätzen. Ideenschutzengel achten darauf, dass ein sicherer Ort für Ideengeber geschaffen wird (Psychologische Sicherheit), in dem auch mal ein Fehler gemacht werden kann, ohne dass auf der persönlichen Ebene ein Risiko von Geringschätzung & Co. besteht.
Kritik als Frage formulieren
Natürlich sind nicht alle gehörten Ideen toll. Allerdings führt negative Kritik gedanklich in eine Sackgasse. Deshalb achten Ideenschutzengel darauf, dass Kritik als Kreativfragen formuliert werden, als Fragen die darauf abzielt Lösungen zu generieren. Kreativfragen spornen das Gehirn an, auf die Suche nach neuen Lösungen und Ideen zu gehen. Werden Formulierungen wie „Das ist zu teuer“ durch „Wie können wir dafür das Budget beschaffen?“ ersetzt, lassen sich Ideen über die Kritik hinaus weiter denken. Sie werden gestärkt und bekommen Flügel.
Das Gute sehen …
Menschen sehen zunächst/oft gerne das Negative. In kreativen Prozessen ist es jedoch wichtig, sich auf das Positive zu fokussieren. Hier wird das Gute wirklich gesehen und in den Vordergrund gestellt, anstatt Killerphrasen zu verwenden. Verbesserungen und Risiken können im weiteren Verlauf berücksichtigt werden. Diese Verbesserung wäre bei einer gleich zu Beginn getöteten Idee nicht mehr möglich – Wiederbelebung so gut wie ausgeschlossen. (vgl. /5/)
… & zum Leuchten bringenLeuchtender Glaskolben
Wenn viel Gutes gefunden wurde, ist es wichtig dieses zum Leuchten zu bringen, auch wenn andere das Positive noch nicht gesehen haben. Bei diesem Schritt wird großzügig das Positive herausgestellt und die Haltung gezeigt, dies auch weiter verstärken zu wollen. Es ist klar, dass im weiteren Verlauf Schwachstellen noch korrigiert werden müssen, aber das geht sehr viel besser, wenn eine Idee zunächst gestärkt ist.
Aufwärtsgewinde: Auf Ideen aufbauen
Die erste Idee ist oft ein Rohling, mit dem man noch nicht viel anfangen kann. Dieser Rohling kann sich aber wunderbar entfalten kann, wenn man darauf aufbaut. Innovationen werden nicht aus dem Ärmel geschüttelt. Gute Chancen auf Innovation erhält man, wenn Ideen mit Potential weiter ausgearbeitet und experimentell weiter entwickelt werden. Dieses positive Hochschrauben der Ideen macht sie ebenfalls besser und stärkt sie.
Die genannten Praktiken des Ideenschutzengels, schaffen eine Umgebung, in der Menschen gerne zusammen kommen und wissen, dass sie sich in komplexen Gewässern aufeinander verlassen können. Mithilfe der Praktiken buddelt ein Ideenschutzengel gewissermaßen goldgräbermäßig Nuggets aus. Es ist gut möglich, dass dies anfangs nicht so leicht von der Hand geht und der Umgang damit erst wie ein Muskel trainiert werden muss und kann. Es lohnt sich auf jeden Fall.
Ausblick
Was, wenn wir in einem Umfeld sind, in dem es nicht so viele Ideen oder kreative Menschen gibt, die mit dem Ideenschutzengel beflügelt werden können? Kurz: Konzept vorstellen und sich von den positiven Wirkungen überraschen lassen.
Oft gibt es ein Leuchten in den Augen, z.B. von „schlafenden“ Innovatoren, denen früher (vielleicht zu oft) die Flügel gestutzt wurden. Ihnen wird mit solch einem Konzept der Weg geebnet, dass sie wieder aktiv kreativ sein können/dürfen und sich trauen ihre Ideen anzubringen. Darauf kann weiter aufgebaut werden und das Fundament für weitere Innovationen bilden.
Wer Ideenschutzengel sein möchte, ist herzlich eingeladen dies zu tun, zu verbreiten und sich darüber auszutauschen. Weiterer Austausch zum Thema Kreativität ist im Netzwerk für angewandte Kreativität /6/ und weiteren Events möglich.
Quellen und Anmerkungen
/1/ Maren Baermann: https://www.innoviva-consulting.de/
/2/ Ackoff, R. & Vergara, E. (1988): Creativity in problem solving and planning. In R. L. Kuhn (ed.), Handbook for creative and innovative managers (pp. 77- 89). New York: McGraw-Hill.
/3/ Amy C. Edmondson & Mike Kauschke (2020): Die angstfreie Organisation: Wie Sie psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz für mehr Entwicklung, Lernen und Innovation schaffen
/4/ Self-Determination Theory: https://selfdeterminationtheory.org
/5/ Appreciative Inquiry: https://de.wikipedia.org/wiki/Appreciative_Inquiry
/6/ Link Netzwerk für angewandte Kreativität – Austausch, Lernen, Inspiration, Aktion: https://www.linkedin.com/groups/12579169/
/7/ Ausarbeitung nach einem Impuls von Maren Baermann im Event: https://www.xing.com/events/innovation-kreativitat-ideenschutzengel-3763561 (Eventnachschau sh. https://www.xing.com/communities/posts/lean-coffee-spezialtermin-ideenschutzengel-nachschau-1023688573 )
Weitere Ergänzungen/Empfehlungen von Maren Baermann
/8/ Agile Motivation / Self-Determination Theory von Edward L. Deci & Richard M. Ryan
/9/ (Growth) Mindset von Carol Dweck
/10/ Unconditional appreciation; Unconditional Parenting von Alfie Kohn
/11/ Idee des Ideenschutzengels inspiriert von Marci Segal
Hinweis
Zuerst veröffentlicht auf: https://www.teamworkblog.de/2022/02/flugel-fur-innovation-how-to.html